Über die Biscaya 3


Das erste Stück nach Camaret Sur Mer haben wir zusätzlich den Motor an, um schneller vorwärts zu kommen. Es gibt hier noch eine enge Stelle, in der es viel Strömung hat, bevor wir so richtig in die Biscaya kommen. Nur mit Segeln brauchen wir zu lange und laufen Gefahr Gegenstrom zu bekommen. Wir kommen dort nach knapp 3 Stunden mit perfekten Stromverhältnissen an und sehen teilweise 10 Knoten Fahrt über Grund auf dem Plotter. Als wir durch sind, schalten wir den Motor ab und segeln. Wir haben außer dem Tank noch einen extra Kanister mit Diesel gefüllt, so dass wir, wenn nötig, die ganze Strecke über die Biscaya motoren könnten. Aber das wollen wir eigentlich nicht. Als wir durch die strudelige Region nach der engen Stelle durch sind, lassen wir unseren Watts&Sea zu Wasser. Das ist ein kleiner Propeller, der angetrieben durchs Wasser (wenn wir Fahrt machen), Strom produziert. Funktioniert super, allerdings braucht der wirklich 5 Knoten Fahrt, um genug Strom zu produzieren. Da es bedeckt ist und recht kühl, haben wir unsere norwegischen Wollpullover wieder aus dem Schrank gekramt. Das fühlt sich an wie eine kleine Niederlage, wo wir doch jetzt schon so weit im Süden sind, aber es ist definitiv angenehmer.

Der Wind wird im Laufe des Tages weniger, aber wir segeln. Teilweise nur mit 3,5-4,5 Knoten. Die Ankunftszeit auf dem Kartplotter schwankt zwischen 2 und 4 Tagen. Um die Mittagszeit sehen wir Antares hinter uns auftauchen, aber es dauert noch bis zum späten Nachmittag bis sie uns dann doch überholen. Sophie Marie hat einen etwas längeren Weg genommen und ist aussenrum um die schmale Stelle bei Camaret Sur Mer gesegelt. Da die aber das größte Boot sind, holen sie die Entfernung sowieso auf. Wir wechseln uns ab, beim Ausguck. Viel zu sehen gibt es nicht und es reicht, wenn man alle halbe Stunde mal nach anderen Booten Ausschau hält und eventuell den Kurs korrigiert. Es hat ein wenig lang gezogene Dünung und auch Wellen, aber alles im Rahmen. Als der Wind nachmittags dreht und weiter von schräg hinten kommt, überlegen wir unseren Paraseiler auszuprobieren. Den haben wir bis jetzt nur einmal in Hamburg im Hafen hoch gezogen. Das hat eine ganze Zeit gedauert, denn wir hatten ihn in Hamburg nicht perfekt gepackt und es war ein ziemliches Chaos bis alle Leinen richtig sortiert waren. Aber es hat funktioniert und wir haben wieder mehr Fahrt gemacht. Leider hat sich die Windrichtung nach kurzer Zeit schon wieder geändert, so dass wir ihn wieder runter nehmen mussten. Schade eigentlich. Hier hätten wir unseren Gennaker, den wir in Hamburg gelassen haben, aus Platzgründen, doch gut gebrauchen können. Wäre ein optimaler Kurs gewesen. Dafür sehen wir ganz viele Delfine, die in unserer Bugwelle schwimmen. Man hat den Eindruck, dass sie sich freuen, wenn man über die Reling hängt und zuschaut. Dann drehen sie ihre weißen Bäuche nach oben oder hüpfen aus dem Wasser. So schöne Tiere und man wird ganz euphorisch vor Glück, dass man so was Tolles erleben darf!! Sie begleiten uns lange und kommen auch immer wieder zurück. Einer hat eine Schramme am Rücken, den erkennen wir wieder.

Bevor die Nachtschicht anfängt gibt es noch ein richtiges Essen. Leider wird mir bei der Zubereitung unten ziemlich übel, so dass Enno fertig kochen muss. Das Essen schmeckt dann allerdings lecker! Als Enno mit dem Amateurfunk die neusten Wetterdaten holt, fängt der Autopilot an zu spinnen. Ich steuere von Hand. Der wird wohl von der HF gestört. Kurz darauf wird der Kartplotter schwarz, der Strom ist weg. BUS-System und Kurzwellenradio mögen sich wohl nicht?!? Das hatten wir vorher noch nicht herausgefunden, da wir noch nie Wetter unterwegs geholt haben, sondern immer nur im Hafen mit allen Instrumenten aus. Jedenfalls bekommen wir es sofort mit, wenn der Strom weg ist, denn der Gasalarm piept dann ganz heftig. Als das Wetter runtergeladen ist und wir wieder alles anschalten funktioniert auch alles wieder wie gehabt.

Enno hat die erste Schicht von 22-2 Uhr und darf die paar Stunden davor noch Pause machen. Als ich mich um 22 Uhr aufs Ohr lege, ist an Schlafen nicht zu denken. Der Wind ist noch weniger geworden, so dass die Segel und die Schoten bei jeder Welle an der Reling oder an der Wante scharren oder dagegen schlagen. Unter Deck ist das ein Höllenlärm. Ich bin zu faul, um noch mal aufzustehen, um Oropax zu suchen und irgendwie geht die Zeit bis 2 Uhr rum. Obwohl es nicht so unruhig ist an Deck haben wir abgemacht, dass der, der Wache hat sich im Cockpit anschnallt und den anderen auf jeden Fall weckt, wenn was auf dem Vordeck zu tun ist. Das ist auch wichtig für den, der schlafen soll, dass er weiß, dass am nächsten Morgen immer noch beide an Bord sind. Wäre schrecklich morgens aufzuwachen und alleine zu sein. Der Sternenhimmel ist genial, man sieht so viele Sterne und sogar Strukturen in der Milchstrasse. Ein paar Sternschnuppen sind auch noch zu sehen, obwohl der 13. August schon vor 3 Tagen war. Unsere Heckwelle leuchtet, am meisten dort wo das Wasser vom Watts&Sea verquirlt wird. Das sind Leuchtalgen, die immer kurz aufleuchten, sobald sie in Bewegung kommen. Das sieht toll aus. Delfine sind auch nachtaktiv und ab und zu höre ich sie neben dem Boot pusten oder im Wasser hüpfen. Man kann ihre Schatten nur ahnen. Es ist wirklich krabbennacht! Da wir segeln haben wir nur die Laterne auf der Mastspitze an, und die macht einem die Nachtsicht nicht kaputt. Nachdem Enno ca eine Stunde geschlafen hatte, machte es plötzlich rums da unten und Enno lag auf dem Boden. Wir haben keine Seekoje montiert, da Inua eigentlich ziemlich ruhig im Wasser liegt. Enno hat wohl so gut geschlafen, dass er dachte, im Vorpig zu liegen, als er sich umgedreht hat…

Als der Wind noch weniger wird und wir nur noch 2 Knoten Fahrt machen, schalten wir den Motor dazu und rollen das Vorsegel, das sowieso nur noch hin und her schlackert, ein. Außerdem holen wir den Watts&Sea wieder hoch und stellen fest, dass der uns ca ½ Knoten Fahrt kostet, auf jeden Fall wenn wenig Wind ist. 5 Knoten Fahrt müssen wir schon haben, damit sich das rechnet. Nun haben wir das Motorlicht an, und da ist die Nachtsicht nicht mehr so toll. Unsere Heckwelle wird nun von der Achterlaterne angeleuchtet und es sind keine Leuchtalgen mehr zu sehen. Schade. Weit entfernt sehe ich die Beleuchtung von 2 Schiffen und hinter uns ist ein AIS Signal, das langsam aber sicher aufholt. Wahrscheinlich ein Segelboot. Mit Antares und Sophie Marie haben wir alle 2 Stunden Funkkontakt, um zu hören ob bei allen alles OK ist. Ihr AIS Signal haben wir schon verloren, aber auf dem Funk hören wir uns weiterhin klar und deutlich. Es ist schwer sich wach zu halten und mir fallen ab und zu die Augen zu. Länger wie ein paar Minuten schlafe ich nie und jedes Mal, wenn ich aufwache halte ich Ausschau. Es ist auch kalt geworden und ich hole mir eine Decke von unten. Gegen Morgen geht das Sternbild Orion im Südosten auf und eine Weile später sieht man auch schon wie es im Osten dämmert. Im Laufe der Nacht sind wir auch über das Kontinentalschelf gekommen, d.h. es ist 4000-5000 Meter tief unter uns, huhuu.

Ein schöner Sonnenaufgang erwartet uns, und nach Frühstück im Cockpit bin ich klar für die Koje. Auch Enno ist müde und so wechseln wir uns den ganzen Tag über ab mit Wache halten und schlafen. Gut, dass ich seither ohne Seekranktablette ausgekommen bin, denn die würde noch mal extra müde machen. Über Funk erzählt uns der Skipper von Atares, dass sie einen Wal ganz dicht hinter ihrem Boot gesehen haben. Zuerst war nur eine große Fläche mit Luftblasen, dann kam der Wal hoch. Erst bin ich neidisch und will auch einen sehen, aber dann bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es nicht auch ein wenig gruselig wäre. Er erzählte, dass der Wal mindestens 3 Mal so groß wie sein Boot war (36 Fuß)… Es ist sonnig an unserem zweiten Tag auf der Biscaya und auch wärmer. Wir haben ein Sitzkissen auf der Backbordbank liegen und es ist sehr gemütlich. Der Wind hält sich in Grenzen, so dass wir weiterhin den Motor laufen haben. Heute sehen wir keine Delphine, wahrscheinlich leben die nicht in so tiefem Wasser. Die heutige Nacht teilen wir in 2 Teile, Enno von 20-2 Uhr und ich von 2 bis 8 Uhr. Da ist die Chance größer, dass man länger am Stück schlafen kann. Außerdem lassen wir das Kissen auf der Bank und die Decke draußen. Wir stellen unsere Eieruhr auf 30 Minuten und da kann dann auch der, der Wache hat beruhigt ein kleines Schläfle machen. Keine gute Nachtsicht heute Nacht, da ja das Motorlicht an ist, aber wenn man auf dem Rücken liegt kann man klasse den Sternenhimmel beobachten. Das mit dem Wecker funktioniert wirklich gut und wir sind beide relativ ausgeschlafen am nächsten Morgen.

Auch am dritten Tag auf der Biscaya ist es fast windstill. Wir fahren mit dem Motor mit ca. 1700 Umdrehungen und brauchen fast keinen Diesel. Dafür geht’s auch nicht so schnell. Es ist bewölkt und eine Weile sieht es so aus, als ob wir nicht trocken davon kommen heute, aber das löst sich wieder auf und später scheint die Sonne wieder. Das Meer ist spiegelblank und ein gutes Stück vor dem Boot sehe ich plötzlich eine Wasserfontäne – ein Wal. Wie sehen ihn kurz, bevor er abtaucht, wahrscheinlich ein Pottwal. Leider taucht er nicht wieder auf. Wir schaffen es beide unterwegs zu duschen und das geht gar nicht so schlecht. Am Nachmittag werden die Wellen auf einmal mehr, leider ohne den Wind dazu, was das Ganze ziemlich unruhig macht. Ich bin ein wenig seekrank und lege mich ab.

Land sehen wir schon seit dem Nachmittag, aber wir nähern uns nur langsam. Auf dem Kartplotter tauchen plötzlich wieder viele AIS Signale auf, als wir uns der Küste nähern. Nun muss man wieder genau aufpassen. Als es dunkel wird, wird es noch heftiger. Es sind viele Fischerboote unterwegs, allerdings haben nicht alle AIS, so dass wir bald das Radar einschalten, um auch die anderen zu sehen. Die Laternenführung an den Booten entsprechen keinen Regeln hier. Wahrscheinlich schalten die einfach alle Laternen an, die sie haben und dann leuchten die, die funktionieren… Die See ist total unruhig seit wir uns der Küste genähert haben, sehr unangenehm. Im Dunkeln eine unbekannte Hafeneinfahrt zu finden ist auch nicht so einfach, aber es klappt und wir legen uns auf den ersten freien Platz, den wir entdecken, neben ein norwegisches (!, das erste seit Borkum!) Segelboot. Es ist ein sehr komisches Gefühl, als wir den Motor ausschalten (der nun 30-40 Stunden durchgehend gelaufen ist) und es plätzlich still und ruhig im Boot ist. Wir haben es geschafft!!! Nach einem Ankerdram fallen wir in unsere Koje.


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3 comments on “Über die Biscaya

  • MuPa

    Hei, ihr zwei,
    wenn man im Blog gelesen, euch auf AIS verfolgt hat, dann erst kann man es richtig verstehen, was ihr zwei Beiden auf hoher See so alles erleben müßt bzw. dürft!!!!!
    Bald können wir zwei auf den Atlantik hinaus schauen und sagen: “Ganz weit da draußen sind sie vorbei gesegelt”!!!!!!

    Ganz liebe Grüße
    MuPa

  • Elke und Udo

    Das war wieder ein herrlicher Bericht mit Spannung und Witz. Wir hatten eine entspannte Zeit bei Kaffee und Pflaumenkuchen!!
    Mit Spannung warten wir auf die nächste Reisebeschreibung und danken Dir, liebe Karin, für Deine Mühe.
    Alles Liebe und immer gute Fahrt wünschen Euch Eure Hamburger

  • Helge Nilsen

    En riktig fin beretning, Karin. Og så bra med det gode været, men dere ville sikkert hatt litt mere vind, skjønner jeg. På den annen side blir det jo tid til å nyte omgivelsene og livet omkring som du er så flink til. Måtte det bli mange stjerneklare netter! God reise videre.