São Jorge (Azoren) 4


Wir verlassen Horta auf der Azoreninsel Faial

Wir verlassen Horta auf der Azoreninsel Faial

Und wieder sind wir eine Insel weitergehüpft auf den Azoren. Von Faial bis São Jorge sind es nur 21 nautische Meilen. Leider hat es zu wenig Wind zum Segeln, so dass wir die Strecke mit dem Motor zurücklegen. Es hat noch überraschend viel Dünung und Inua bewegt sich dauernd hin und her. Zur Abwechslung scheint mal die Sonne, aber einen Blick auf Pico (den höchsten Berg in Portugal, 2351m) auf der gleichnamigen Insel erhaschen wir auch heute nicht. Dort hängen Wolken. Die Inseln Faial, Pico, Graciosa, São Jorge und Terceira gehören zu der zentralen Gruppe der Azoreninseln. Der Hafenmeister in Velas ist supernett und hilfsbereit. Er arbeitet im Sommer wirklich 7 Tage in der Woche von 8-20 Uhr. Er hat noch einen Kollegen, der englisch spricht, und der einspringt, falls es mal einen Tag frei braucht. Die Saison hier ist sehr kurz, aber von Mitte Mai bis August kommen hier dauernd Segelboote an. Danach hat es nur die lokalen Boote, die Frachtschiffe und die Fähren von den anderen Inseln. Im Moment wird die Mole um 150 Meter verlängert, da kein Platz ist damit Frachter und Fähre gleichzeitig hier liegen können. Und ein Containerfrachter liegt hier eigentlich dauernd im Hafen und wird be- oder entladen. Der Hafen ist nicht optimal gebaut, aber das ist politisch so gewollt, damit die großen Häfen in Horta (Faial), Angra do Heroísmo (Terceira) und Ponta Delgada (São Miguel) nicht so viele Boottouristen an Velas (São Jorge) oder auch an Lajas das Flores (Flores) verlieren. Sehr schade, denn São Jorge ist eine tolle Insel!

Sao Jorge  Fussgängerzone in Velas

Im gesamten Hafen funktioniert das WiFi (hat in Horta überhaupt nicht funktioniert) und auch die sanitären Anlagen sind modern und sauber. Velas hat eine hübsche Kirche, eine Fußgängerzone mit einem gepflegten Park, in dem es auch WiFi gibt, ausserdem eine Voliere mit vielen Wellensittichen.

IMG_7354  Velas

Velas   Velas Mammografie Screening

Auf einem Platz vor einem Gesundheitszentrum stand ein Trailer-Anhänger mit einer rosanen Schleife. Hier wird das Mammografiescreening ähnlich durchgefüht wie in Norwegen mit dem Mammografiebus. Richtung Westen kann man an einer Lavamauer der Küste entlang laufen. Alles ist schön und sauber. Und auch die netten Iren, die uns in Horta einen 20-30 Jahre alten Segelguide von Irland ausgeliehen haben liegen nur 2 Boote weiter von uns. Von den uns sonst bekannten Booten sind hier noch Sail away und Lovis (beides holländische Boote). An 2 Tagen hatten wir ein Auto geliehen und sind über die Insel gefahren. Die Felder, die auch hier häufig mit Steinmäuerchen abgetrennt sind, sind saftig grün. Es weiden Kühe und die Blumen blühen in vielen verschiedenen Farben. Hortensien wachsen wie Unkraut am Straßenrand. In den Dörfern, durch die wir kommen gibt es immer noch viele alte Steinhäuschen. Manche sind renoviert und toll zurecht gemacht, aber einige sind auch Ruinen. Trotzdem sieht es keinesfalls verfallen aus, sondern hat Charme.

Wir halten an einigen Aussichtspunkten an und genießen die phänomenale Aussicht. São Jorge hat ringsum eine hohe Steilküste, die auf einem Plateau endet. Zum ersten Mal erhaschen wir auch einen Blick auf den Gipfel vom Pico, da er endlich mal (fast) wolkenfrei ist. Auch die Inseln Faial, Graciosa und Terceira sehen wir auf unserer Tour. Mittagessen waren wir in einem Restaurant, das uns der Hafenmeister empfohlen hatte und es war sehr lecker (und mal wieder extrem günstig). Wir haben auch noch eine kleine Wanderung an der Steilküste lang gemacht. Es ist wirklich superschön hier und man kann sich gar nicht satt sehen.

  Velas marina

Der Weg auf dem wir gehen ist zu schmal für Autos, aber es fahren einige Quads an uns vorbei. Eines davon hält an und wir kommen ins Gespräch mit dem Fahrer. Er renoviert hier ein altes kleines Häuschen und hat gerade seine vor 2 Monaten bestelltes Solarmodul bekommen, das er heute montieren will. Er lädt uns auf einen Drink ein und beschreibt uns, wie wir sein Haus erkennen. Als wir im Dorf ankommen, fängt es leider so richtig an zu regnen (das einzige, das wir im Auto liegen lassen haben, sind unsere Regenjacken!), so dass die Dorfbesichtigung eher kurz ausfällt und wir uns schnell wieder auf den Rückweg machen. Am Haus von Fernando sind wir wohl vorbeigelaufen, aber das macht nichts, denn er ruft uns hinterher. Zuerst zeigt er uns das Häuschen, das wirklich hübsch zurecht gemacht ist und 2 Schlafzimmer hat, ein Bad mit Dusche und eine süße kleine Küche. Hinter dem Haus hat es noch einen massiven Grill und noch ein weiteres winzig kleines Häuschen (eigentlich nur ein Raum) mit einem Kühlschrank drin. In der Küche saßen wir dann gemütlich und wenn es nach Fernando ginge, hätten wir alle 4 Sorten seiner selbst gebrannten/angesetzten Schnäpse/Liköre probieren sollen. Aber Enno muss ja noch fahren, so wird es nur einer. Aber der ist lecker, wahrscheinlich mit Zitronenmelisse, Fernando hatte es „lokale Kräuter“ genannt, aber da hier überall Zitronenmelisse wild wächst, glauben wir dass es dieses „Kraut“ ist. Wir sitzen über eine Stunde zusammen und als wir uns verabschieden, um uns auf den Rückweg zu machen, erzählt er uns noch von einer Höhle, die 200 Meter weiter weg ist. Nachdem es nun aufgehört hat zu regnen, wollte er eigentlich weiter sein Solarmodul anzumontieren, aber dann verfrachtet er uns kurzerhand auf sein Quad und bringt uns zur Höhle. Was für eine Fahrt. Ausgestattet mit jeder einer Taschenlampe in einer Hand, hat man kaum eine Möglichkeit sich festzuhalten. Und wir sitzen jeder nur mit einer halben Pobacke auf dem Gefährt. Sich an einem Wildfremden festzuklammern geht auch nicht, also kralle ich mich an Enno’s Jeans an der Hosentasche fest. Das hält uns dann beide auf dem Quad. Die Fahrt dauert nur 2 Minuten (langsam ist er ja auch nicht gefahren, trotz Kurven und steilem Anstieg) und mir zittern die Knie, als ich absteige. Fernando lässt sich nichts anmerken (der hat wahrscheinlich seinen Spaß gehabt). In der Höhle geht es kurz, dafür aber ziemlich steil nach unten und wir kommen an einem See heraus. Ein Süßwassersee, wir uns Fernando erklärt, der aber trotzdem mit Ebbe und Flut fällt und steigt. Früher haben die Dorfbewohner hier ihr Frischwasser geholt. Wir lehnen dankend ab, als er uns wieder bis zum Haus auf seinem Quad mitnehmen will… die 200 Meter schaffen wir entspannter zu Fuß. Wir tauschen eMail-Adressen aus und laden ihn und seine Frau am Wochenende zu uns aufs Boot ein. Auf dem Rückweg zum Auto hoffe ich die ganze Zeit, dass wir unser Auto erreichen, bevor Fernando uns mit seinem Quad einholt und uns womöglich anbietet mit ihm zurück zu fahren.

 

  

Am Samstagabend kommt dann eine Mail und auch eine Telefonanruf von Fernando und er fragt, ob wir auf einen Drink in die Fußgängerzone in eine Bar kommen. Er und seine Frau sitzen da schon. Eigentlich wollten wir ja den Drink bei uns an Bord einnehmen, aber was soll’s. Eine Flasche Bier (SuperBock) kostet hier übrigens 1€ in der Bar. Es ist sehr viel los in Velas heute Abend, man hat das Gefühl das ganze Dorf ist auf den Füssen. Maria, Fernandos Frau ist auch sehr nett. Wir lernen auch noch den Sohn und die Schwiegertochter kennen. Nett!

So bald es dunkel wird, ist es mit der Stille im Hafen vorbei. In der Felswand niesten nämlich Gelbschnabelsturmtaucher, die den ganzen Tag draussen auf dem Meer waren und mit der Dunkelheit wieder zurückkommen. Das wir dann durch lautstarkes Rufen, das sich anhört wie „aua aua aua“, begleitet. Nach einer Weile wird es dann wieder still, um vor Morgengrauen wieder anzufangen, wenn sie sich wieder auf den Weg zum Meer machen. Mit diesen Vögeln haben wir auf dieser Tour schon mehrere besondere Erlebnisse gehabt (einen hatten wir an Bord auf dem Weg von Oeiras in Portugal nach Porto Santo/Madeira).

Am 10. Juni ist Nationaltag und der wurde dann um Mitternacht mit einem kleinen Feuerwerk eingeläutet. Ansonsten gab es aber keine speziellen Festivitäten in Velas.

  

Als wir das zweite Mal ein Auto geliehen hatten, wollten wir eigentlich erst eine kleine Wanderung machen und dann später an das Ost-Ende von São Jorge fahren. Aber da das Plateau morgens völlig im Nebel lag, sind wir erstmal in Küstennähe geblieben. Von der Hauptstrasse aus haben wir einen kleinen Abstecher nach Fajã de São João gemacht. Ein nettes Dorf in der Steilküste. Die Strasse zum Dorf ist schmal und steil. Wir parken das Auto und laufen ein Stück auf einem Wanderweg entlang, der auch sehr steil bergauf und –abgeht. Wir treffen auf einen älteren Herren, der meint dieser Weg hier wäre gut, um etwas Speck loszuwerden – er streicht dabei über seinen Bauch. Im Dorf gibt es eine Taberna, in der wir ein auf den Azoren hergestelltes Maracuja-Getränk serviert bekommen. Sehr lecker! Auf dem Rückweg zum Auto stand der ältere Mann (vom Wanderweg) nun auf seinem Balkon. Er erzählt uns freudig, dass er nicht zurück laufen musste, da ihn jemand mitgenommen hat (seine Plauze freut sich – da bleibt sie ihm wohl noch länger erhalten, hihi) Nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten, hat er uns zu einem Bier eingeladen. Die Menschen hier sind wirklich sehr gastfreundlich! Hinter seinem Haus hat er ein großes (steiles) Grundstück, auf dem er Weinreben anpflanzt. 1000 Liter Wein produziert er jedes Jahr. Den wollte er uns dann auch noch anbieten, aber leider muss Enno auch dieses Mal noch fahren und wir verabschieden uns. Die Strasse durchs Dorf ist eng und steil, und auf einem Stück sind in voller Breite auf einer schwarzen Plastikfolie Bohnen zum Trocknen ausgelegt. Die Bohnen liegen in der Mitte der Folie, so dass Autos trotzdem noch fahren können.

  Fajã de São João

Fajã de São João

Weiter ging es nach Topo. In einem Dorf auf dem Weg dahin (Santo Amao) ging es nicht mehr weiter. Vor einer kleinen Kapelle war ein riesiger Menschenauflauf, die Strasse total voll. Zum Glück fand sich eine Parklücke am Straßenrand, so dass wir geparkt haben und zu Fuß weiter sind. Vor der kleinen Kapelle haben sich Kinder, alle hübsch angezogen, die Mädchen in weißen Kleidchen, die Jungs in schwarzem Anzug, aufgestellt. Brot und Gebäck wurde unter den Leuten verteilt und eine Musikkapelle stand schon auf der Strasse bereit. Als wir die Strasse weiter runter gelaufen sind, sprach uns „Tony Soprano“ an, ob wir hungrig wären. Er hat erzählt, dass es hier bald Essen umsonst gibt (als Höhepunkt des Festes) und wenn wir Lust hätten, könnte er mit ein paar Leuten reden und wir wären dabei. Das Ganze beruht auf einer Sage über eine Heilige Isabell, die den Armen zu Essen gegeben hat. Ihr Mann wollte das aber nicht und als er sie gefragt hat, was sie da in ihrem Korb hat, sah er nur Blumen… ein Wunder! „Tony“ hat sich noch relativ lange mit uns unterhalten und uns auch noch erzählt, dass es später am Nachmittag in einem anderen Dorf noch eine Art Bullenrennen stattfinden würde. Wir haben uns ohne Essen verabschiedet, da wir keinen Hunger hatten und auch weiter wollten. Nachdem alle sich in dem Haus zum Essen versammelt hatten, war die Strasse auch wieder frei und wir konnten weiter.

 

Santo Amao

Leider kam inzwischen der Nebel, der kurzzeitig verschwunden war, wieder zurück, so dass wir auf dem Plateau fast nicht die Hand vor Augen gesehen haben. Aus unserer geplanten Wanderung wurde nichts. Die letzten Tage in der Velas Marina haben wir gefaulenzt und Inua und uns vorbereitet für die letzte Atlantiketappe. Es sieht so aus, als ob es in nächster Zeit sehr wenig Wind hat und wir rechnen damit, dass wir länger als die üblichen 8-9 Tage brauchen werden. Nach einigem herumräumen im Vorpik finden wir auch noch Platz für 2 weitere 20l Dieselkanister. Fühlt sich einfach besser an, etwas mehr dabei zu haben. Allerdings bin ich schon etwas ruhiger geworden, nachdem ich erfahren habe, dass unsere englischen Bootsnachbarn auf der Pocketfold auch nur 120l Diesel an Bord haben. Sehr nettes älteres Paar übrigens, die wir hoffentlich in Irland noch mal wiedersehen.

 


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4 comments on “São Jorge (Azoren)

  • Elke Rodegerdts

    So ein unterhaltsamer Bericht!! Auch auf einer kleinen Insel kann man viel erleben.
    Sehr hübsch dort mit netten Einwohnern, die sich über Eure Unterhaltung offensichtlich gefreut haben.
    So lernen wir auch Land und Leute auf den Azoren kennen.
    Ganz großes “Dankeschön” aus HH

  • Amelie, Mia, Gudrun & Wolfgang

    Das ist wieder einmal ein sehr gelungener Blogeintrag, der Lust auf die Azoren macht. LG aus Oldenburg von AMGW