Irland von Baltimore bis Crosshaven 4


Abschiedsbild von den Azoren. Der Hafenmeister in Velas hat dieses Bild von uns gemacht, als wir los sind Richtung Irland.

Abschiedsbild von den Azoren. Der Hafenmeister in Velas hat dieses Bild von uns gemacht, als wir los sind in Richtung Irland.

Fastnet Rock

Fastnet Rock

Nach 9 Tagen auf See liegen wir nun vor Anker in der Baltimore Bay. Es ist das erste Mal, dass wir nach einer Ozeanpassage ankern und nicht am Steg liegen. Der Hafen in Baltimore besteht aus einem kleinen Steg, an dem schon auf jeder Seite 3-4 Boote im Päckchen aneinander liegen. Lovis liegt irgendwo dazwischen. Als wir ankamen war Enno noch voller Elan, dass wir noch das „B“ klar machen und an Land gehen. Als er sich kurz mit seinem Buch abgelegt hat, war er nicht mehr wach zu bekommen.

Nebel in Baltimore 

unser letzter Ankerplatz ist 3221 Seemeilen entfernt, Kurs 252 Grad

unser letzter Ankerplatz ist 3221 Seemeilen entfernt, Kurs 252 Grad

Als wir am nächsten Morgen aufwachen ist es total nebelig und man sieht kaum die Häuser von Baltimore. Aber die Sonne kämpft erfolgreich!! Nachdem wir alle Einzelteile vom „B“ zusammen hatten (die Bodenbretter in der Achterkabine unter allen Kisten, das „B“ im Vorpig, Blasebalg in der Bakskiste…), waren wir schon nach kurzer Zeit klar für einen Landgang. Leider bläst es inzwischen ziemlich heftig (bis 30Kn), so dass sich in der Bucht die Wellen aufbauen. Wie wir aus Erfahrung wissen, wird man bei einer Fahrt im Gummiboot gegen die Wellen immer nass. Das stellt uns vor neue Herausforderungen, denn in der Karibik war das nicht so schlimm – hier wird es einem sofort kalt, wenn man nass wird. Wir warten einige Stunden, aber da es nicht so aussieht, als ob der Wind sich legt, ziehen wir unserer Regenhosen und –jacken an und machen uns auf den Weg an Land. Es sind ja nur 0,2 nm. Einen Dinghy-Kai gibt es nicht, deshalb legen wir an einem kleinen Steg direkt hinter Lovis an. Es ist niemand an Bord und wir entdecken, dass man einen Code braucht, um hinterher wieder zum Steg zu kommen. Zum Glück trifft Enno auf einen netten Herren, der ihm den Code verrät. Unsere Regenklamotten haben wir ausgezogen und in den Rucksack gestopft. Mit je einem Müllsack bewaffnet machen wir uns auf die Suche nach einem Mülleimer. Nach kurzer Zeit finden wir mehrere Flaschenkontainer, aber Mülleimer gibt es im ganzen Ort nicht… Frustriert bringen wir unsere Müllsäcke zurück zum „B“. Wir wundern uns sehr; im Segelguide stand, dass viele Boote hier zum ersten Mal stoppen, nachdem sie von den Azoren kommen – und dann gibt es hier keine Mülleimer?!? Das Dorf ist schnuckelig mit einer farbenfrohen „waterfront“, einer Burg und einer alten Kirche. Es hat nur 16 Grad, aber es sind viele Leute kurzärmelig und in kurzen Hosen draußen vor den Pub’s. Die haben wohl auch Wikingerblut in sich, hihi. Wir finden es nicht so warm und setzen uns in eines der Pubs, bestellen Guinness, Kaffee und Pizza. Im Fernsehen läuft gerade EM: Deutschland gegen Slowakei.

Baltimore  Baltimore

Vom Pub aus haben wir direkte Sicht auf Inua und entdecken, dass Lovis inzwischen neben uns ankert. Am Steg legt noch ein norwegisches Boot an, aber als wir auf dem Rückweg vorbeischauen, ist niemand an Bord (Toman, heisst das Boot). Nachdem wir wieder unsere Regeklamotten angezogen haben, tuckern wir gegen die Wellen in Richtung Lovis, um den Holländern Hallo zu sagen. Wir werden an Bord gebeten und bleiben bis kurz vor Mitternacht (unser Ankerlicht haben wir zum Glück angemacht, als wir heute Nachmittag los sind – man weiß ja nie). Danach ist der Biervorrat an Bord von Lovis ausgetrunken und wir sind mit leckeren Pfannkuchen (mit ½ Milch, ½ Bier!!) verköstigt worden. Perry und Arnold wollen morgen früh weiter und wir rechnen damit, dass wir uns in Kinsale wieder treffen.

Lovis  Baltimore

Lot´s Frau am Eingang zur Baltimore Bay

Lot´s Frau am Eingang zur Baltimore Bay

Wir wollten eigentlich noch einen Tag länger bleiben, aber als Enno das Wetter angeschaut hat, das wir im Pub auf mein Handy geladen hatten (kann man hinterher einfach auf dem PC anschauen), haben wir am nächsten Morgen auch kurz entschlossen den Anker gelichtet. Frühstück unterwegs. Ab Dienstagnachmittag ist sehr viel Wind gemeldet, der sich die ganze Woche halten soll – und auch viel Regen! Lovis ist ca. eine halbe Stunde vor uns, aber der Abstand vergrößert sich mit jeder Meile, da deren Boot einiges größer und schneller ist, als Inua. Wir haben 10-15 Knoten Wind fast direkt von hinten und „motorsegeln“ nur mit dem Vorsegel. Bis 12 Uhr haben wir Mitstrom, danach geht es etwas langsamer vorwärts. Der Autopilot steuert mal wieder grottenschlecht in den Wellen, die schräg von hinten kommen. Enno bastelt ewig an den Einstellungen und findet dann doch eine, die besser funktioniert. Aber es ist nicht vergleichbar mit dem alten Autopiloten. Über Funk hören wir, dass das irische Militär Schiessübungen nicht weit von Kinsale durchführt und dass man einen Sicherheitsabstand einhalten muss. Das treibt uns etwas näher an die Küste (= mehr Gegenstrom), aber es zeigt sich, dass die mit ihrer Übung fertig werden, bevor wir dort ankommen.

Kinsale liegt in einer Flussmündung. Wir fahren den Fluss ein Stück hinauf, grüne Wiesen und Felder zu beiden Seiten und ein riesiges Fort auf der rechten Seite (Fort Charles). Lovis liegt vor Anker direkt vor der Marina und wir gehen an den Gästesteg. Als wir uns beim Einchecken in den Kinsale Yacht Club über den Preis von 26€ + 4€ Kurtaxe/Nacht wundern, sagt der junge Mann an der Bar, bei dem wir einchecken nur „welcome to Ireland“. Scheinbar sind die Preise hier ähnlich teuer wie in England. Wir gehen erst mal ein paar frische Sachen einkaufen und stellen dabei fest, dass die hier wohl auch eine besondere Alkoholsteuer haben. Die Preise für Bier und Wein haben fast norwegische Dimensionen. Wir decken uns trotzdem mit einer Auswahl verschiedener Biersorten ein. Noch wissen wir ja nicht, was gut ist. Als wir zurück an Bord sind, tauchen nach einer Weile Perry und Arnold mit ihrem Gummiboot auf. Auch sie waren schon einkaufen. Wir laden sie ein an Bord zu kommen, und schon bald haben wir uns durch alle Biersorten getestet. Die beiden sind echt ein nettes Paar.

auf dem Weg nach Kinsale

auf dem Weg nach Kinsale

Kinsale  Kinsale
Kinsale  Kinsale Yacht Club

Am nächsten Tag regnet es und wir warten, bis es aufhört, bevor wir uns in die Stadt aufmachen. Die Iren lieben es farbenfroh, denn jedes Haus hat eine andere Farbe. Oft sind die Häuser zweifarbig, z.B. lila und grün oder blau und gelb. Wir trinken einen Café latte in einem netten Café, bevor wir uns zu Fuß zu dem 2 km entfernten Fort Carles machen. Auf dem Weg dahin entdecken wir eine Bar (The Spaniard), die sehr einladend aussieht und wo wir auf dem Rückweg einkehren. Das Fort ist riesig und die Ruinen sind klasse. Inzwischen ist das Wetter wieder schön, es weht nur ein heftiger und kühler Wind.

Fort Charles Kinsale  Fort Charles Kinsale

  Fort Charles Kinsale

„The Spaniard“ erweist sich als ein Pub, in dem viele Einheimische verkehren und wir haben noch nicht mal bestellt, als wir schon angesprochen werden. Die Iren sind sehr offene und kontaktfreudige Menschen. Wir fühlen uns gleich wohl. Als die Einheimischen (ein Pärchen und ein einzelner Mann) sich verabschieden setzt sich ein amerikanisches Pärchen zu uns an die Bar. Die haben schon vorher unser Gespräch mit den anderen verfolgt. Cathy und Billy haben beide irische Vorfahren, weshalb sie hier Urlaub machen. Wir unterhalten uns lange und als wir nach einer Weile fragen, ob man hier im Restaurant gut essen kann, schließen sie sich uns an und wir gehen eine Etage tiefer ins Restaurant. Als wir bezahlen, bestehen die beiden darauf uns einzuladen. Das ist uns etwas peinlich, da wir uns ja nicht wirklich kennen, aber sie bestehen darauf. Wir haben ihnen unsere Karte gegeben und sie haben versprochen, dass sie sich per eMail melden. Dann können wir uns hoffentlich noch revanchieren. Den nächsten Tag verbummeln wie in der Stadt und halten die ganze Zeit nach Cathy und Billy Ausschau, erfolglos.

IMG_7481  Kinsale

Lovis hat schon früh am Morgen den Anker gelichtet. Wir legen abends ab und tuckern den Fluss noch hoch bis zur Brücke, an der es dann nicht mehr weitergeht, da sie nicht hoch genug für unseren Mast ist. Hier liegt die zweite Marina und drum herum ist alles voller Mooringbojen. Wir wollen noch eine Nacht ankern, bevor wir morgen weiter gehen. Wir ankern an derselben Stelle, an der Lovis lag und bringen zum ersten Mal unsere „trip-line“ mit aus. Das ist eine kleine Boje, die mit einem Tau mit dem Anker verbunden ist. Man weiß ja nie, was an so einem alten Kriegsschauplatz wie hier, so alles auf dem Grund liegt. Falls sich der Anker in etwas verfängt, können wir ihn mit der „trip-line“ leicht (so die Theorie) wieder frei bekommen. Kein so guter Grund hier, denn wir müssen eine Weile ziehen, bevor sich der Anker gut eingräbt. Mal sehen, was wir morgen früh alles mit hochziehen…

Außer einem fremden Stück Tau und viel Dreck kam nichts besonders am Anker mit hoch. Anfangs hatten wir noch etwas Wind, so dass wir das Vorsegel zusätzlich zum Motor nutzen konnten, aber bald hatte es nicht mehr genug Wind, so dass wir nur mit dem Motor getuckert sind. Unterwegs beobachten wir Basstölpel (norwegisch havsule, englisch Northern Gannet), die mit angelegten Flügeln wie eine Rakete ins Wasser schießen, um Fische zu fangen. Auch einen neugierigen Seehund sehen wir. In Crosshaven gibt es 3 Marinas. Wir nehmen die erste, da es noch genug Platz am Steg hat. Kurz nach uns kommt noch ein einheimisches Boot mit einem Mann an Bord an. Wir helfen ihm beim Anlegen und werden von seinem Pudel freudig begrüßt. Der würde am liebsten auch zu uns an Bord kommen, aber bei uns ist die Reling nicht unterbrochen zum Einsteigen (wie auf seinem Boot), deshalb traut er sich nicht. Die Dame, bei der wir im Marina Office einchecken ist supernett. Es kostet auch nur 19€ und wir erfahren, dass wir einfach mit dem Bus nach Cork, der zweitgrößten Stadt in Irland, kommen können. Der Busfahrplan hängt hier aus. Kein Grund also weiter mit dem Boot den Fluss aufwärts zu fahren. Crosshaven ist nicht groß, aber es hat ein paar Pubs, einen Lebensmittelladen und einen Tante-Emma-Laden, in dem wir endlich eine irische Gästeflagge und mal wieder so ein Zwischenstück für den Wasserschlauch bekommen. Unser Voriges ist in Velas (Azoren) geblieben. Vielleicht sollten wir mal einen 5er-Pack kaufen?!? Abends ist auf einmal der Strom auf der Brücke weg. Schade, denn es ist total angenehm den elektrischen Heizlüfter und Wasserkocher benutzen zu können. Nun also wieder Dieselheizung und Gasherd. Als wir am nächsten Tag nachfragen, erfahren wir, dass man eigentlich eine Stromkarte aufladen muss. Da haben wir wohl den Rest von jemand anderem aufgebraucht.

Crosshaven

Crosshaven

Crosshaven

der älteste Yachtclub der Welt

Cork 

Die Busfahrt nach Cork dauert 45 Minuten und schon die richtige Haltestelle (also die richtige Straßenseite) zu finden war spaßig, denn hier ist ja alles auf der falschen Seite. Im Zentrum von Cork hat es viele kleinere Fußgängerzonen mit vielen Geschäften, Restaurants und Pubs. Es gibt den „Englischen Markt“, der sich als riesige Markthalle entpuppt. Viele kleine Stände mit Fleisch, Wurst, Fisch, Käse, Obst, Gemüse, Brot und Süßigkeiten. Das ist die größte und schönste Markthalle, die ich je gesehen habe. Auf der Galerie über den ganzen Ständen ist ein Café, wo wir einen Kaffee trinken und die Aussicht genießen.

Cork  Cork

Später finden wir noch ein süßes kleines Bistro, in dem wir eine Kleinigkeit essen. Gerade als das Essen kommt, fängt es an zu regnen und wir flüchten nach Innen. Das war aber der einzige Regenschauer des Tages, ansonsten war es schön. Auf dem Rückweg mit dem Bus sind wir an der 2. Marina ausgestiegen, um bei Ron unsere Schraube, die an der Ankerwisch kaputt ist, abzuholen. Wir hatten die alte gestern bei ihm abgegeben und er hat gesagt er macht uns eine neue bis heute. Hat er auch – für 10€. Zurück im Boot wollten wir den Keilriemen tauschen, da der auf der Tour hierher angefangen hat zu jammern. Dabei hat Enno entdeckt, dass dem Motor das Wasser bis zum Hals seht, im wahrsten Sinne des Wortes. Erst vor 2 Tagen hatte ich den Wasserstand in der Bilge gecheckt, da waren da nur ein paar Zentimeter Süßwasser drin, nun ist sie randvoll und es schmeckt etwas salzig!! Nach etwas genauerem Suchen, entdecken wir, dass es aus der Kühlwasserpumpe tropft. Enno baut den Deckel ab und geht mit dem Dichtungsring zum Mechaniker Hugh in unserer Marina. Er hat leider nicht die richtige Dichtung, gibt Enno aber eine andere (umsonst) mit. Die passt leider nicht, Enno und Hugh glauben eigentlich nicht, dass es diese Dichtung ist, da die noch wie neu aussieht. Während Enno den Dichtungsring geholt hat, hab ich schon den Deckel poliert, damit die Oberfläche schön glatt ist. Enno schmiert noch alles mit Glyzerin ein (wie in der Bedienungsanleitung beschrieben) und wir schrauben die Pumpe wieder zusammen, starten den Motor. Erst sieht es gut aus, aber nach ein paar wenigen Minuten wird es wieder undicht und es tropft mehr wie vorher. Enno geht noch mal zu Hugh, der meint, dass es noch eine Dichtung in der Pumpe hinter dem Impeller gibt. Enno soll die Pumpe ausbauen, dann würde er es reparieren. Sogar heute noch – inzwischen ist es schon nach 17 Uhr. Leider sitzen die Schläuche an der Pumpe bombenfest und ohne Heissluftpistole sind die nicht abzubekommen… also Enno wieder zu Hugh. Dieses Mal kommt er mit. Nach einer Weile sagt er, dass er die Dichtung „in situ“ austauschen kann und macht sich mit seinem Roller auf, um Dichtung und passendes Werkzeug zu holen. Gut, dass er den Roller hat, sonst würde er einige Kilometer pro Tag zu Fuß zurücklegen. Nach ein paar Minuten ist die Dichtung getauscht, 20€, wir sind echt froh, denn wir dachten schon, dass wir nun bis Montag hier fest hängen. Und 20€ für Dichtung und nach der Arbeitszeit ist echt nicht viel!! Thank you Hugh!!


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4 comments on “Irland von Baltimore bis Crosshaven

  • Elke Rodegerdts

    Eine ganz andere Welt als Karibik und Azoren! Sehr bunt und unterhaltsam. Ihr seid inzwischen richtige Weltbürger. Überall zu Hause.
    Wir reisen weiterhin begeistert mit Euch!
    Alles Liebe von Ilka und Elke-Mami

  • Mia, Amelie, Gudrun und Wolfgang

    Es war wieder ein Vergnügen, euren Blogeintrag zu lesen und die Fotos zu bewundern. Die Hilfsbereitschaft der Iren war auch schon ein Thema während der EM-Berichterstattung: es gab youtube-Videos über irische Fans, die Reifen an französischen Autos wechselten, französische Kinder in den Schlaf sangen etc. Aber jetzt Vorsicht vor den scharf geschossenen Fußbällen von Will Grigg vor der nordirischen Küste. Liebe Grüße und weiterhin gute Fahrt von Amélie, Mia, Gudrun und Wolfgang

  • MuPa

    Wir freuen uns mit Euch, was ihr alles erfahren und erleben dürft. Die Gastfreundschaft der Iren ist schon toll!
    Liebe Grüße und weiter so

    MuPa

  • Anja

    Hallo Ihr Zwei,
    Ich bewundere euerem Mut für diese Reise und wünsche euch alles Gute. Ich freue mich von euch zu hören wenn ihr wieder “daheim” seid.
    Alles Liebe und Gute
    Anja aus München