Unser Propeller… 3


Nach dem Besuch bei Eldrid und Rolf in Molde geht es weiter nordwärts. Hustadvika überqueren wir bei plattem Wasser und einer leichten, lang gezogenen Dünung. Vom Boot aus sehen wir den Strand und auch den Atlanterhavsveien, wo wir am Tag zuvor mit Rolf unterwegs waren. Ab und zu lässt sich die Sonne blicken, dann ist es angenehm warm, wenn wir windgeschützt im Cockpit sitzen. So viel Windschutz brauchen wir allerdings nicht, da nicht so viel Wind da ist. Wir motoren die ganze Strecken bis zum Håholmen. Die ganze Insel ist ein Hotel mit verschiedenen kleinen Häuschen, die man mieten kann. Der Preis für eine Übernachtung hat sich verdoppelt, im Vergleich zu dem was in unserem Cruising Guide steht. Da gab es das Hotel vielleicht noch nicht, oder es war noch nicht so schön herausgeputzt… Der Hotelier erzählt uns, dass heute eine Menge Leute auf der Insel sind, da sie 2 Hochzeiten ausrichten. Im Hafen direkt neben uns liegt eine Replik eines Wikingerschiffs. Sieht toll aus. Auf der Insel gibt es auch noch ein kleines Museum, das über „Den siste viking“ erzählt. Die Nacht wird unruhig, da ein Teil der Hochzeitsgäste mit einem Motorboot an Land gefahren wird. Es müssen viele Leute sein, denn das Boot fährt x-Mal hin und her. Viele Wellen, Schraubengeräusche und lautstarke Unterhaltungen am Steg. Wir wachen gerädert auf. Enno hat zudem auch noch Halsschmerzen. Unser Bootsnachbar erzählt, dass er oft hier ist, dass er aber eine so laute Nacht hier noch nicht erlebt hat. Trotz Hochzeiten und sonstigen Festen. Um 9 Uhr sind wir unterwegs und finden unseren Weg durch das Labyrinth der Fahrwassermarkierungen. Es ist schön hier und auch das Wetter ist gut. Leider haben wir noch immer Gegenwind mit 14-15 Knoten. Im Sund südöstlich von Smøla hören wir auf einmal komische Geräusche vom Propeller. Wir denken erst, dass sich mal wieder Seegras im Propeller verfangen hat. Das hatten wir schon ein paar Mal und bisher hat es immer geholfen, wenn wir kurz den Rückwärtsgang rein gemacht haben, damit sich die Propellerblätter drehen. Da hat man dann immer die zerhechselten Pflanzenreste im Kielwasser gesehen. Heute allerdings nicht und Inua fährt auch nicht rückwärts sondern weiterhin vorwärts und es ruckelt fürchterlich im ganzen Boot. Zum Glück fährt Inua weiter vorwärts! Das allerdings nur bei einer bestimmten Drehzahl. Drunter und drüber wird es gleich unruhig. Wahrscheinlich haben wir ein Tau oder ein Fischernetz im Propeller. Wir schaffen es in Kvernvær, gerade noch rechtzeitig vor einem andern Segelboot, das von Norden kommt, anzulegen. Da wir nicht bremsen können und auch die Drehzahl nicht runternehmen können, muss Enno die Geschwindigkeit abschätzen, so dass es bis an den Steg passt. Ich muss schnell mit einem Tau an Land hüpfen und Inua dann mit dem Tau abbremsen. Zum Glück ist wenig Wind und das Anlegemanöver klappt gut, puhh! Wir haben schon die ganze Zeit überlegt, dass es bei um die 13 Grad Wassertemperatur nicht angenehm sein wird zu tauchen. Enno ist sowieso angeschlagen. Da fällt uns ein, dass wir ja Mitglied bei der Seenotrettung sind, und die Taucher haben. Wir rufen an, und eine gute Stunde später sind sie da. Inzwischen hat es ordentlich angefangen zu blasen, die Windrichtung hat gedreht und es regnet in Strömen. Da der Wind inzwischen von hinten kommt, regnet es voll ins Cockpit. Leider findet der Taucher kein Tau im Propeller, stellt aber fest, dass sich ein Propellerblatt nur sehr schwer bewegt. Mist! Inua muss an Land. Sie bieten uns an, uns sofort nach Dolmsund abzuschleppen. Inzwischen schifft es in Strömen und hat 25 Knoten Wind… da ist abschleppen auch nicht ganz ungefährlich. Nach einigem diskutieren probiert Enno aus, ob wir noch vorwärts kommen, das geht und wir beschließen, dass wir morgen selbstständig bis zur Werft kommen. Sie sagen uns klipp und klar, dass sie Morgen nicht zurückkommen, um uns abzuschleppen, falls es nicht klappt. Enno bekommt noch die Telefonnummer von der Werft und dann verabschieden wir uns dankend von ihnen. Den ganzen Abend verbringen wir damit im Internet etwas mehr über die Werft herauszufinden. Leider sieht es nicht so aus, als ob die Segelboote reparieren. Das ist eine Schiffswerft für große Schiffe. Also werden wir uns gedulden müssen, bis wir morgen früh anrufen können.

Der Anruf am nächsten Morgen bestätigt unsere Vermutung, die Werft nimmt nur große Schiffe. Aber wir bekommen eine Telefonnummer von einer anderen Werft (Jektvik skipsverft) auf Kjerringvågen. Das sind 13 Seemeilen bis dahin. Am Telefon sagen sie uns, dass es nicht sicher ist, dass sie Inua heute aus dem Wasser holen können, aber wir machen ab, dass wir heute schon kommen können, da es Morgen mehr Wind hat und da das Anlegen ohne Rückwärtsgang schwierig werden kann. Wir kommen ohne Probleme an der Werft an und legen uns an den Holzkai direkt vor ein Fischerboot. 2 Leute helfen uns dabei, weil wir kurz vorher noch mal angerufen haben und erzählt haben, dass wir nicht rückwärts können. Es ist gerade Mittagspause, als wir ankommen, deshalb machen wir uns auch erstmal was zu Essen und warten. Hier steht kein anderes Segelboot an Land und wir fragen uns, ob die öfter Segelboote raus holen. Der Kran ist ein normaler Arbeitskran und das Problem ist, dass es auf Segelbooten immer den hohen Mast hat, was es an Fischerbooten und sonstigen Arbeitsbooten nicht hat. Wir sind etwas skeptisch, aber was wollen wir machen… Nach der Mittagspause sieht es so aus, als ob es jetzt doch heute klappt Inua aus dem Wasser zu holen. Die beiden sind uns wieder behilflich, Inua an Tauen um das Fischerboot herum an einen Steg zu ziehen, der dichter am Land liegt. Wir haben die Gurte schon unter Inua durchgezogen und warten nur noch auf den Kranführer, als Enno auf die Idee kommt den Propeller noch mal zu testen. Nun funktioniert alles wieder!! Was tun? Boot trotzdem rausholen, die finden dann nichts, dafür geht beim Rausholen was kaputt und wir bekommen einen hohe Rechnung fürs Rausholen?!? Nach einigem hin und her beschließen wir, dass wir weiter gehen. Obwohl wir ein paar Stunden dort lagen und auch ab und zu die beiden Mitarbeiter in Beschlag genommen haben, kostet es nichts. Ohne Probleme kommen wir in den Hafen von Uthaug. Der Rückwärtsgang funktioniert beim Anlegen einwandfrei, obwohl wir (bei Windstille) so langsam anlegen, dass ich Inua auch mit den Tauen hätte abbremsen können.

Es ist schön hier mit vielen hübsch zurecht gemachten Häuschen in der Sjøgata. Das Wetter ist übrigens schön heute mit sehr viel Sonnenschein! Leider ist die Mole nach Norden hin offen, so dass es Morgen mit den angesagten Nordwind hier drin recht unruhig werden könnte. Werden wohl morgen weiter müssen, obwohl Enno ein Tag im Bett gut tun würde da er ziemlich stark erkältet ist, der Arme!!

Als wir am nächsten Morgen aufwachen scheint immer noch die Sonne, obwohl es früher am Morgen schon mal geregnet hat. Beim Ablegen hat der Rückwärtsgang gut funktioniert, als wir aber vorwärts wollten, hat das Boot nur geruckelt und nichts ist passiert. Wir sind weiter rückwärts getrieben in Richtung der Fischerboote, die an den Sjøhus vertäut liegen… Mit noch mehr Gas geben und noch mehr Ruckeln im Boot (da wackelt wirklich alles, von der Windsteuerung bis ins Rigg – fühlt sich überhaupt nicht gut an!) richtet sich das Propellerblatt dann doch und wir bewegen uns vorwärts, bevor wir den Fischerbooten zu nahe kommen. Echt so ein Mist mit dem Propeller, was machen wir nur? Mit dem Wetter haben wir noch eine Weile Glück, denn wir haben ein Sonnenloch, das sich mit uns bewegt. Um und herum sind dicke Wolken und Regeschauer, die uns dann doch leider bald einholen. Wir haben teilweise über 20 Knoten Wind und machen uns schon Gedanken, wie das Anlegemanöver im nächsten Hafen klappt, aber als wir auf Stokkøy ankommen ist es windstill. Als wir vertäut liegen, probiert Enno den Propeller noch mal aus, aber der Rückwärtsgang funktioniert weiterhin nicht und es ruckelt nur heftig im Boot. Wir sind gerade noch rechtzeitig angekommen, denn kurz darauf fängt es auch im Hafen an zu blasen und der nächste Regenschauer fegt über uns weg.

Am nächsten Tag hatten wir den Wecker auf 6 Uhr gestellt, da wir bis Rørvik wollten. Leider geht’s Enno nicht gut mir seiner Erkältung und er hat einen dicken Kopf. Wir beschließen einen Tag hier liegen zu bleiben. Beim Frühstück sagt Enno dann, dass es blöd wäre einen windstillen Tag zu „vergeuden“ und wir starten doch. Einen Hafen weiter legen wir an zum Tanken. Alles klappt gut, obwohl kurz vorher mal wieder Wind aufkam. Und es regnet auch schon wieder – als wir vor 10 Minuten los sind, hat noch die Sonne geschienen. Der Dieselschlauch ist zu kurz, so dass wir zwei Reservekanister aus dem Vorpig ausbuddeln müssen. Umständlich! Das Ablegen klappt auch gut, obwohl der Wind uns stark an den Kai drückt. Wir warten einen Moment ab, in dem es weniger bläst. Den Rückwärtsgang haben wir heute gar nicht getestet, es ruckelt schon bei kleiner Drehzahl vorwärts. Bei höherer Drehzahl ist es OK. Enno erklärt mir die Route und zeichnet sie auf dem iPad ein und legt sich dann unten ab. Es wechselt den ganzen Tag zwischen Sonnenschein und teilweise heftigen Regenschauern mit böigem Wind. Bei wenig Wind legen wir in Setervik an. Inzwischen haben wir gut Übung. Kurz nach uns kommt noch ein Segelboot. Die erwischen es aber nicht so gut, da es nun heftig bläst und die dauernd vom Steg abgetrieben werden. Wir helfen beim Anlegen und werden später zu einem Ankerdram und einem Bier eingeladen. Netter Abend, die beiden wollen in 2 Jahren auf Langtour. Da gab es natürlich einiges zu bereden.

In der Nacht gab es einige Regenschauer, die von heftigen Windböen begleitet wurden. Wir warten einen Regenschauer (mit dem dazugehörigen Wind) ab, bevor wir ablegen. Harald von der Oda II hilft uns und drückt uns gut vom Steg ab. Es hat nicht mehr viel Wind, aber schon der reicht aus, um Inua an den Steg zu drücken. Schauerwetter auf der ganzen Tour. Ich verbanne Enno nach unten, da er ja nicht noch extra im Regen stehen muss, wo er sowieso schon erkältet ist. Heute erwischt uns sogar einmal ein ordentlicher Hagelschauer mit erbsengroßen Körnern. Auf dem Radar sieht der kompakt und rosa aus, während Regenschauer etwas unscharf und grün erscheinen. In Rørvik haben wir mal wieder Glück, da wir genügend freien Platz an der Gästebrücke haben und bei Windstille anlegen können. Wir überlegen schon den ganzen Tag, dass wir Inua hier aus dem Wasser holen. Wir haben Angst, dass wir mit dem angeschlagenen Propellerblatt mehr kaputt machen, wenn wir einfach damit weiter fahren. Wir versuchen immer mit passender Drehzahl zu fahren, damit es nicht ruckelt. Aber bei der Dünung heute haben die Wellen allerdings die Propellerblätter verändert, was dann wieder zum Ruckeln geführt hat. Sollen wir versuchen in Rørvik ein Auto zu leihen, um nach Bodø zu fahren und unseren alten Propeller zu holen? Einen Tag hin, einer zurück und dann Inua aus dem Wasser holen und den Propeller tauschen. Enno weiss nicht mehr, ob alle Teile beieinander liegen, denn sonst könnten Mupa (die inzwischen bei uns zu Hause sind und es wohnlich für uns machen!) den mit der Post schicken. Obwohl es schon nach Feierabend war, haben wir noch Leute im Bootsladen angetroffen, die uns angeboten haben Inua morgen aus dem Wasser zu holen. Die haben keinen Kran wie in Bodø, aber es steht ein Segelboot an Land, womit wir nicht die ersten sind. Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass der Schaden repariert werden kann und wir keine Ersatzteile brauchen.

Um kurz nach 10 Uhr hing Inua schon in den Gurten. Das Problem bei normalen Kränen ist, dass man die Gurte nicht im Abstand variieren kann – die laufen alle am Haken zusammen. Der hintere Gurt ist so platziert, dass der Seildrev nicht beschädigt wird, der vordere ist vor dem Kiel, aber er verläuft schräg nach hinten, damit die Gurte nicht an den Wanten anliegen und dort viel Druck ausüben. Als Inua hoch gehoben wird, hängt sich ganz schön mit dem Bug nach unten und ich halte echt die Luft an und hoffe, dass sie nicht nach vorne kippt! Es sieht unheimlich aus!! Inua bleibt in den Gurten hängen, nur der Kiel wird auf einer Palette abgestellt und die Vertäuungen an Bolzen an Land fest gemacht, so dass sie sich nicht drehen kann. Schnell finden die Mechaniker raus, dass das innere Kugellager kaputt ist. Sie haben nicht genau dasselbe auf Lager, aber eines in der gleiche Größe. Beim demontieren fallen alle Kugeln aus dem äußeren Kugellager heraus und hüpfen fröhlich davon… Da die keine Ersatzkugeln haben, robben wir nun zu dritt (der Kranführer hilft mit) über eine Stunde auf dem Boden herum, bis wir alle 23 Kugeln wieder haben. Wir nehmen an, dass es 23 Kugeln sind, da ja auch noch Schmierfett dazu rein muss und wir keine weitere Kugel finden. Die könnte ja aber auch sonst wo hin (z.B. ins Wasser) gerollt sein. Kurz nach 14 Uhr liegen wir wieder am Steg und sind einige tausend Kronen ärmer. Aber immer noch besser als Ersatzteile bestellen und einige Tage an Land zu sein. Hätten wir da im Boot wohnen können?!? Wir bleiben heute noch hier, da wir beide irgendwie ziemlich geschafft sind, war doch stressig mit der ganzen Situation und Enno ist noch nicht wieder 100%ig fit. Für die nächsten Tage ist schönes Wetter angesagt und wir gehen morgen weiter zum Torghatten.

 


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3 comments on “Unser Propeller…

  • Elke Rodegerdts

    So ein Pech auf die letzten Seemeilen vor dem Heimathafen musste nicht sein. Ihr habt Euch mal wieder als versiertes Team mit starken Nerven erwiesen. Unsere Bewunderung gilt Euch,
    Ilka und Elke-Mami